Die Kunst zum Mieten

 


Wir bieten Ihnen Kunstwerke des Künstlers Erwin Eichbaum an.

Erwin Eichbaum, Jahrgang 1928, nahm noch während des Krieges sein Studium an der Düsseldorfer Kunstakademie auf. Er erhielt eine umfassende traditionelle Ausbildung bei den Professoren Wilhelm Schmurr, Otto Pankok und Ferdinand Macketanz; 1951 wurde er Meisterschüler von Theo Champion. Eichbaum wuchs in einer Zeit des künstlerischen Nachholbedarfs und der notwendigen Neuorientierung auf, nachdem in Deutschland durch Nationalsozialismus und Weltkrieg der Faden zur internationalen Kunst abgeschnitten war. Im Bereich der Akademie versuchte man zunächst, eher den Anschluß an die Zeit vor 1933 herzustellen, was sich in der Berufung von z.B. Matare und Pankok äußerte. Bald konnte man sich aber auch im Rheinland über die neueste Strömung, über den aus Frankreich kommenden Tachismus, informieren. Marksteine dieser Hinwendung zur zeitgenössischen Kunst waren in Düsseldorf 1953 die Gründung der "Gruppe 53" sowie 1957 die Eröffnung der "Galerie 22" von Jean­Pierre Wilhelm und der Galerie Schmela.
Im Spannungsfeld zwischen Akademie und Avantgarde verlief auch die Entwicklung Eichbaums: Er tastete die eigenen Möglichkei­ten ab, löste sich von den akademischen Vorbildern, schloß sich aber nicht dem damals vorherrschenden Informel an, sondern hielt am Gegenstand fest und brachte ihn in neue Beziehungen bis zur Verfremdung.
Zu Beginn der achtziger Jahre, als die Malerei nach längerer Krise besonders durch die sog. Neuen Wilden wieder einen Auf­schwung und eine Neubewertung erlebte, fand auch Erwin Eichbaum zu einer ausdrucksstarken Malweise und zu dem Motiv, das ihn bis heute beschäftigt: den Baum. Dabei gelingt die Verbindung so unter­schiedlicher Elemente wie gestischer Malerei, informeller Struktur und in der Romantik wurzelnder Vorstellung. Dieses in seiner Einheitlichkeit dennoch vielfältige Spektrum präsentieren wir mit der jetzigen Ausstel­lung von Gemälden, Zeichnungen, Holzschnitten und plastischen Objekten.

Biographie

1928
in Düsseldorf geboren

1944-53
Studium an der Staatlichen Kunstakademie Düsseldorf bei den Professoren Schmurr, Pankok, Macketanz

1951
Meisterschüler von Theo Champion

1954
Stipendium des Kulturkreises im Bundesverband der Deutschen Industrie

1961
 Villa Romana-Preis, Florenz

1967
Preis der Bundesregierung, Premio del fiorino, Florenz

Lebte und arbeitete als freischaffender Künstler bis zu seinem Tode in Düsseldorf.
Arbeiten befinden sich in öffentlichem und privatem Besitz.


Erwin Eichbaum:
Von der Natur zum Bild
Vor mehr als hundert Jahren übernahm die moderne Malerei im vielstimmigen Konzert des Kunstgeschehens den Part der Avantgarde, angefangen vom Impressionismus über viele weitere -ismen bis hin zur informellen Kunst. Doch vor etwa dreißig Jahren geriet die schöne altvertraute moderne Malerei in eine Krise. ,,Hört auf zu malen" forderte Jörg Immendorf 1966, so der Titel eines Gemäldes, heute im Stedelijk Van Abbemuseum in Eindhoven. - Daß er seiner eigenen Aufforderung nicht nachkam, wissen wir längst. - Später deutete die Kunstkritik die Gemälde von Gerhard Richter als
„Totenlieder auf die Malerei" (A. Haase 1986). Und war nicht schließlich die diesjährige documenta X wirklich ein einziger
„Abgesang auf die Malerei" (J. Hohmeyer 1997)? Spiegelte nicht die Kasseler Ausstellung unsere vernetzte globale Gesellschaft wider, in der virtuelle Welten sinnliche Erfahrungen ablösen und in der individuelle Handschriften anachronistisch wirken? Trotzdem - nach jeder Krise erlebte die totgesagte Malerei eine Renaissance. Der „Hunger nach Bildern" (WM. Faust und G. de Vries 1982) erwies sich bei den Künstlern und dem Publikum stärker als alle kopflastigen Versuche, die Welt nur rational zu reflektieren und zu deuten. Im vielbeschworenen Zeitalter der Postmoderne kehrte das scheinbar unzeitgemäße Gemälde auch bei jungen Künstlern als Ausdrucksmittel zurück. Man machte Anleihen bei der kunstgeschichtlichen Tradition, brachte alte Formulierungen in neue Zusammenhänge oder füllte sie mit neuen Inhalten.
Erwin Eichbaum gehört zur älteren Generation, aber er blieb von den erwähnten Vorgängen sicher nicht unberührt. Sein künstlerisches Ausdrucksmittel war von Anfang an die Malerei, und sie blieb sein Medium, allen modischen Diskussionen und Strömungen zum Trotz. Nach einer umfassenden traditionellen Ausbildung an der Düsseldorfer Akademie verließ Eichbaum schnell die akademischen Pfade. Er hielt aber auch in den Jahren, als die abstrakte Kunst das Maß aller Dinge war, am Gegenstand fest.
Der Beginn der achtziger Jahre markierte eine deutliche Zäsur in seinem Schaffen. Der Aufschwung der Malerei durch die sogenannten Neuen Wilden und eine allgemein veränderte Haltung zur Umwelt führten dazu, daß Eichbaum sich nun intensiv mit dem Thema „Natur" auseinandersetzte. Und auch seine jüngsten Arbeiten lassen erkennen, daß dieses Thema für ihn noch längst nicht ausgeschöpft ist. Der „Augenmensch" Erwin Eichbaum - so seine eigene Einschätzung - versuchte die Natur in allen ihren Facetten zu erfassen. Die sinnliche Ausstrahlung eines Waldbodens, einer Baumrinde oder von Blattwerk setzte er in eine Malerei um, die ihre eigenen Strukturen hat. Anklänge an Perspektive wurden schnell durch den nahsichtigen Blick auf Details abgelöst. Vorder- und Hintergrund wurden zu gleichwertigen Teilen von Kompositionen. Tropfende Farbbahnen und ein nervöses Liniengespinst lösten die Gegenständlichkeit bis an die Grenze zur Abstraktion auf. Trotz­ dem überschritt Eichbaum diese Grenze nie: Seine Pinselführung lehnt sich bis heute bewußt an Naturformen an, und selbst im dich­ testen Geflecht von Farben und Formen blieb der gegenständliche Ausgangspunkt immer spürbar. Eingefügte collagierte Elemente wirken der Gefahr einer allzu deutlichen Abbildlichkeit entgegen.
Sie bedeuten nicht nur Verfremdung und Widerstand gegenüber dem Naturvorbild, sondern betonen gleichzeitig die Autonomie des Bildes mit seiner eigenen künstlerischen Gesetzmäßigkeit. Manche Allover-Kompositionen mit ihren ausgeprägten bildeigenen Strukturen lassen an die informelle Malerei denken, mit der Eichbaum als junger Künstler in den fünfziger Jahren konfrontiert wurde. Er wandert schon lange auf dem schmalen Grad zwischen Gegenständlichkeit und Abstraktion, zwischen der Wiedergabe der Wirklichkeit und ihrer Umwandlung in Malerei. Daß er diese Gradwanderung immer wieder bewältigt, liegt nicht nur an seinem vitalen malerischen Talent und Temperament, sondern auch daran, daß er den Kontakt mit der Realität, und das heißt für ihn mit der Natur, nie aufgab. Manchmal dienen ihm kleine, im Freien gezeichnete Bleistiftskizzen als Gedächtnisstützen und Anregungen für Gemälde.
Häufig fertigt Eichbaum aber ganze Serien von Fotos an, wenn er draußen unterwegs ist. Dabei erfaßt er schon mit der Kamera das Motiv oder den Landschaftsausschnitt, der ihn als Maler interessiert. Entsprechen die Fotografien nicht seinen Vorstellungen, greift er bei ihnen künstlerisch korrigierend ein, indem er aus mehreren Aufnahmen Collagen fertigt, die dann als kompositorische Vorlagen für Gemälde dienen. (Gerhard Richter ist also längst nicht der einzige, wenn auch vielleicht der bekannteste Maler, der seine Motive aus einem Fundus von Fotografien schöpft).
Als Erwin Eichbaum sich Anfang der achtziger Jahre intensiv der Natur zuwandte, bedeutete das vor allem die Konzentration auf ein Motiv, nämlich den Baum. Schlagworte wie „Umweltzerstörung" und „Waldsterben" regten ihn damals zu einer engagierten Auseinandersetzung an. Über die sinnliche Erfahrung und die Ästhetik hinaus wollte Eichbaum die Verwundungen aufzeigen, die der Mensch der Natur zufügt. Abgestorbene oder verbrannte Äste bei den Objekten und rote Farbe wie austretendes Blut auf manchen Gemälden sind sichtbarer Ausdruck dieser Zerstörungen. Bis heute wecken seine Baumdarstellungen häufig auch Assoziationen an Magisch-Kultisches: Nebeneinander gesetzte Baumstämme bekommen anthropomorphe Züge, oder parallel stehende Figuren nehmen unmerklich die Silhouetten von Bäumen an. Vor allem bei den Papierarbeiten steigert ein geheimnisvolles Spiel mit Vorder­ und Hintergrund, mit Positiv- und Negativeffekten die Mehrdeutigkeit der Aussage.
Erwin Eichbaum sah in seinen Baumdarstellungen immer auch die Möglichkeit, konkret und doch zeichenhaft den natürlichen Rhythmus von Werden, Wachsen und Sterben anklingen zu lassen. Da ist es nur konsequent, daß er der Natur und ihrem Wachstum gleichsam „auf den Grund" ging, daß sich seine Bäume, aus der Distanz betrachtet, zu Landschaften entwickelt haben. In jüngerer Zeit besuchte er gern das holländische Friesland. Hier fand er eine morastige Polderlandschaft vor, rechtwinklig angelegte Felder, von Wasserkanälen durchzogen. Auch hier gelingt es Eichbaum, das sumpfige Braun des Bodens, das Grün der Felder und das Blau von Wasser und Himmel in neue Bilder von einzigartigem Reiz umzusetzen. Dabei bilden die Kanäle und die Horizontlinien eine Art geometrisches, eher abstrahierendes Gerüst. Entfernte Erinnerungen an frühere Gemälde mit Balken und Koordinaten stellen sich ein. Entscheidend bei den neuen Polderlandschaften ist aber, wie die Elemente der Natur zu Elementen einer ausdrucksstarken Malerei werden, in der Farben und Formen in ein überzeugendes Gleichgewicht gebracht sind.
Man könnte also meinen, Erwin Eichbaum sei ein Vertreter des klassischen I 'art pour I 'art. So wichtig für ihn auch der Maivorgang und die Malerei als subjektives Ausdrucksmittel sind - er verbindet mit seiner künstlerischen Tätigkeit Inhalte und Vorstellungen, die außerhalb des Elfenbeinturms der Kunst liegen. Typisch für seine Einstellung erscheint ein Gemälde einer Polderlandschaft, in dem leicht verfremdet ein Schild mit der Aufschrift „verbodene toegang" auftaucht. Dieses offizielle niederländische Verbotsschild versteht Eichbaum nicht nur wörtlich, sondern auch im übertragenen Sinn: Tastet diese noch intakte Landschaft nicht an, schützt sie vor dem Zugriff aggressiver wirtschaftlicher Interessen.
Im späten 19. Jahrhundert verlor das Gemälde seine klassische Funktion, die es in Europa seit der Renaissance innehatte, nämlich mimetisches Abbild der Wirklichkeit zu sein. Das bedeutete eine zunehmende Abwertung des Bildgegenstands und der herkömmlichen Bildgattungen, also auch der Landschaftsmalerei. Ist es daher nicht ein Anachronismus, heute, an der Schwelle zum nächsten Jahrtausend, noch Landschaften zu malen? Bei der Beantwortung dieser Frage ist zu bedenken, daß Landschaftsmalerei immer mehr ist als pure Darstellung einer Landschaft. Sie ist zugleich auch „Welt-Bild" und „Welt-Anschauung", sei es eines Individuums oder als Ausdruck einer Epoche. Deshalb konnte sich die moderne wie die postmoderne Landschaftsmalerei in unterschiedlicher Form, Intention und Bedeutung bis heute behaupten, wenn sie auch inzwischen deutlich an Boden verloren hat. Erwin Eichbaums „Welt - Anschauung" ist die eines Menschen, der sich der Natur emotional stark verbunden fühlt. Er ist aber nicht nur empfänglich für ihre äußere Schönheit und innere Gesetzmäßigkeit, sondern er nimmt auch mit großer Sensibilität die Gefahren wahr, denen sie durch den Menschen ausgesetzt ist. Glücklicherweise hatte Fernand Leger unrecht, als er 1925 behauptete, es gebe keine Landschaft und folglich auch keine Landschaftsmalerei mehr. Denn auch heute - und gerade in Zeiten einer zunehmenden Umweltzerstörung - kann eine objektiv vorhandene Landschaft dazu dienen, subjektive Vorstellungen formal wie inhaltlich zu transportieren und künstlerisch umzusetzen.
Erwin Eichbaums Landschafts-Bilder bezeugen es.
Literatur
Fernand Leger, Sehr aktuell sein, in: Europa-Almanach, hrsg. v. Carl Einstein u. Paul
Westheim, Potsdam 1925 (Nachdruck 1984), S. 13.
Wolfgang Max Faust u. Gerd de Vries, Hunger nach Bildern. Deut­ sche Malerei der Gegenwart, Köln 1982.
Amine Haase, Totenlieder auf die Malerei. Illusion als Wunsch und Widerstand, Ausst. Bespr. v. Gerhard Richter, Städt. Kunsthalle Düsseldorf, in: Kölner Stadtanzeiger Nr. 18/7, 22. 1. 1986.
Erwin Eichbaum. Bilder, Holzschnitte, Objekte, Ausst. Kat., Städt. Galerie Meerbusch, Meerbusch 1992.
Jürgen Hohmeyer, Das Auge auf Diät gesetzt, Ausst. Bespr. d. documenta X, in: Der Spiegel Nr. 26, 23. 6. 1997, S. 184-187.




 


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